„Alter Hase“ und Systemumstellung halten bei Eintracht Frankfurt die Null
„Falsche 9“, „ballferner Zehner“, „abkippender Sechser…. Diese neuen, modernen taktischen Fußballbegriffe studierter Fußballlehrer sind es jedenfalls nicht, welche Eintracht Frankfurt derzeit auf Erfolgskurs halten. Dieser Erfolg basiert auf „Old-School-Fußball“, in dem ein klassischer Libero, humorlose Manndeckung, schnell vorgetragene Konter, ein klassischer Spielmacher Flügel- und Mittelstürmer den Spielrythmus bestimmen.

Hasebe stellt hinten alles dicht
Seit dem Cheftrainer Glasner nach der 0:1-Heimpleite gegen Wolfsburg und dem enttäuschenden 0:3-Niederlage in der Champions-League gegen Lissabon den 38-jährigen Oldie Makoto Hasebe zwischen die zuvor oftmals verunsicherten Innenverteidiger Tuta und N´dicka stellte, präsentiert sich die SGE seit drei Spielen hinten extrem stabil. Dem 3:1-Auswärstsieg in Stuttgart folgte ein souveräner 2:0-Heimsieg über Bundesliga-Tabellenführer Union Berlin (Tore: Götze und Lindstrøm) und zuletzt ein mehr als verdientes torloses Remis gegen den Premiere-League-Dritten Tottenham.
Dass Hasebe gegen Tottenham nicht nur den englischen Top-Torjäger Harry Kane in klassischer Manndeckung faktisch ausschaltete und sichtbar frustrierte, sondern auch die Kompaktheit der gesamten Eintracht-Abwehr organisierte, wurde nach diesem bemerkenswertem Champions-League-Auftritt medienweit zurecht gewürdigt.

Mittelfeld wird schnell überbrückt
Auch im zentralen Mittelfeld hat Glasner an den Schrauben gedreht. Die „robusten“, defensivstarken Spieler Rode und Sow wurden offentsichtlich angewiesen den Ball ohne Zeitverlust möglichst auf schnellstem Weg in den Lauf der Angriffsspieler (Kolo-Muani, Lindstrøm) zu spielen oder der beiden, abwechselnd in der Spielmacher-Position auftauchenden Kamada und Götze. Das Mittelfeld wird deshalb schnellstmöglich überbrückt und gibt dem Gegner wenig Zeit sich nach einem Angriff wieder stabil zu organisieren. Dass sowohl Kamada und Götze zudem in Stuttgart bzw. gegen Union als Torschützen in Erscheinung traten, macht Eintracht Frankfurt derzeit unberechenbar.
Lindstrøm & Kolo Muani passen zusammen
Mit der stetig variierenden Doppelspitze Lindstrøm und Kolo Muani hat Trainer Glasner aktuell das vielleicht am besten funktionierende Sturmduo der Bundesliga. Gegen Union Berlin stachen beide die hoch gehandelten Union-Stürmer Becker/Siebatcheu klar aus. Lindstrøms Treffer zum 2:0, nach eigenem Ballgewinn an der Mittellinie, außergewöhnlichem Dribbling gegen drei Berliner, und dem bemerkenswertem Abschluss an Ex-Eintracht-Keeper Rönnow vorbei ins kurze Eck (siehe Foto), war ein herausstechender Treffer und vielleicht das Bundesliga-Tor des Monats. Leider fällt Kolo Muani nach Gelb/Rot im nächsten Bundesliga-Auswärtsspiel beim Tabellenletzten Bochum aus. Mit Borré und Alario stehen zwei Stürmer bereit, die nun beweisen müssen, dass sie eine echte Alternative zu Kolo Muani sein können.

Zwischen Tabellenende und Champions-League
Nach zuletzt Top-Leistungen gegen zwei absolute Spitzenteams aus Deutschland und England, reist die Eintracht am kommenden Samstag (15.30 Uhr) zum abgeschlagenen Tabellenletzten VfL Bochum, der nach 8 Spieltagen erst einen einzigen Zähler im Heimspiel gegen Köln gewinnen konnte und bereits einen Trainerwechsel vollzogen hat. Nur vier Tage später fliegt der Eintracht-Kader zum „CL-Rückspiel“ nach London. Eine schwierige Konstellation für Eintracht-Trainer Glasner, der vermutlich in Bochum (neben dem gesperrten Kolo Muani) einige Leistungsträger schonen und gegen Tottenham die in dieser Gruppe (Lissabon: 6 Punkte, Tottenham/Eintracht je 4, Marseille: 3) wichtige „direkte Match-Statistik“ gegen Tottenham im primären Blick haben wird.
Wen schont Glasner in Bochum?
In der Bundesliga belegt Eintracht Frankfurt aktuell Platz 6 (14 Punkte), punktgleich mit Hoffenheim, nur einen Zähler hinter Dortmund und dem FC Bayern (Plätze 3 u.4), zwei Punkte hinter dem FC Freiburg. Bei einem Remis zwischen den FCB und Dortmund und einer Niederlage des SC Freiburg bei Hertha BSC, würde ein „Dreier“ in Bochum die Eintracht auf Platz 2 oder 3 katapultieren. Bei einem Remis oder einer Niederlage könnte es bis auf Platz 11 zurückgehen. Die Mannschaftsaufstellung in Bochum dürfte Glasner einige Kopfschmerzen bereiten. Im Ruhrgebiet ist aber sicher auch wieder robuster „Old-School-Fußball“ statt Schönwetter-Kick“ notwendig, um gegen das um jeden Grashalm kämpfende Buli-Schlusslicht zu gewinnen. Jochen Golle